Väter tuns: Panzer fahren in Brandenburg

Wir sitzen in der Zünftigen Wirtin. Klaus, Andreas, Martin.

Richard wirkte in letzter Zeit immer etwas geknickt. Kein Wunder, das Kind braucht ihn kaum noch, im Gegenteil, in der Firma, so erzählt er, geht’s auch nicht wirklich weiter, wir sind sein einziger Quell der Freude.

„Mach doch mal ein Wochenende für dich“, meint Klaus, „mach doch mal was richtig geiles!“

Seine Frau wolle ihn mehr zur … inneren Einkehr bewegen, sagt Richard, immerhin neuer Lebensabschnitt, Sinnlichkeit und so. „Partnermassage haben wir das letzte Wochenende gemacht. Also würden wir uns jetzt die kommenden 15 Jahre massieren!“ Richard nimmt einen Schluck Apfelschorle, als müsse er den Geschmack der Räucherstäbchen runterspülen, die offenbar unentwegt abgebrannt wurden. Bier verträgt er nicht mehr so.

„Einkehr!“, sagt Martin, der es mit den geistigen Dingen hat, „… Achtsamkeit, Hinwendung, innerer Frieden. Das sind kommende Werte für unsere Generation!“ schwärmt er, und wir gucken ihn über unsere Biergläser an, als habe er vorgeschlagen bei nächsten Jungsabend vegan zu grillen.

Vegan!

Klaus erzählt gleich wieder von seiner Radtour zum Gardasee. An einem Tag! 375 Kilometer! Mehr als zweieinhalbtausend Höhen Meter, in Ziffern: 2500! Mitternacht gestartet! DAS stählt. Ultimativ! Defintiv!

„Unsinn“, sagt Richard, „alles Unsinn. So ein Wochenende, das bringe doch nix. Jetzt geht er aufs Klo.

„Er könnte sein eigenes Messer schmieden. Super Sache!“ meint Andreas, das habe er mit seinem Kind an einem Geburtstag mal gemacht. Schnitzt sein Kind heute noch mit, mehr oder weniger jedenfalls. „Da hat er eine Erinnerung, der Richard.“

„Kindergeburtstag! Das ist ja mal ne dufte Idee“, meint Klaus, davon hatte jeder von uns in den vergangenen Jahren genug.

Sein Handy hat Richard unglücklicherweise liegen lassen. Andreas greift es, tippt die Sperre  mit dem Geburtsdatum von Richards Kind ein (kennt er ja, sein eigener Sohn war ja oft genug beim dessen Kindergeburtstag). Er öffnet den Browser, tippt ‚Panzer fahren‘ und ‚Brandenburg‘ ein, klickt auf ‚Info Material schicken‘, zögert, und bestellt gleich noch eine Runde Panzerkekse. Die immerhin bezahlt er über seinen eigenen Paypal-Zugang, nachdem er Richards Smartie wieder auf den Tisch gelegt hat.

Vier Wochen später kommt in die Gruppen-Whatsapp ein Foto. „Wo bin ich?“ steht unter einem verdreckt aus einem Panzerturm schauenden Mann, der strahlt. Und: „Ihr ahnt, nicht, was ich gerade tue.“

„Doch, doch“, meint Andreas, und erntet von uns verächtliche Blicke: Denn jetzt müssen wir uns einige Wochen lange Heldengeschichten anhören, von zerborstenen Ketten, verschlammten Leopardpanzern, und warum der Schützenpanzer BMP dem russischen T-55 eindeutig überlegen ist. Eindeutig! Partnermassage oder schamanische Schwitzhütte im Dachauerland wäre besser gewesen. Aber was tut man nicht, um seinen Kumpel aufzuheitern?

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