Kürzlich las ich von einem großen Experiment in Amsterdam. Auf irgendeine Art sollte dort mit Kernspins oder so untersucht werden wie genau Gedächtniskünstler sich Dinge merken. Dabei deutete der Text an, wie man sich am besten Begriffe merkt. Vieleviele Begriffe. Wie das geht hab ich vergessen. Auf alle Fälle schafften es die nach und nach angereisten Männer sich in einer bestimmten Zeit erst 20, später 62 Begriffe zu merken. Einer nutzte dafür seine Küche – wie auch immer.
Erst beeindruckte mich das sehr. Bald aber drängte sich mir die Frage auf „Wofür?“ Warum sollten sich erwachsene Männer Begriffe wie „Brot“, „6-Zylinder“, „Zettel“, „Becher“, „Stuhl“ … und davon 57 weitere in einer Reihenfolge merken? Damit sie beim Ich-packe-meinen-Koffer…- Spiel ihre Kinder vollkommen besiegen können, und ihre Koffer immer noch packen, wenn Ehefrau und die drei Gören längst schon wieder schweigend und beleidigt aus dem Fenster starren? Oder sie richtig lange Einkaufslisten ihrer Frauen im Geschäft aufsagen können, anstatt sie vom Zettelchen abzulesen? Die Motivationen für solche Taten sollten mal erforscht werden.
Ich habs ja mit dem Gedächtnis nicht so. Klar merke ich mit den Inhalt von Simpsons-Episoden inklusive Staffel-Nummer, Erstausstrahlung in USA und Deutschland sowie Regisseur der Folge gut. Sehr gut sogar. Aber es gibt auch nur 29 Staffeln mit knapp über 600 Folgen. Geht also.
Dagegen vergesse ich auf dem fünf Stockwerke langen Weg in den Keller, was ich dort wollte. Das fällt mir erst wieder ein, wenn ich die Höhenluft des vierten Stockwerks um mein Hirn wabern lasse. Dann frage ich mich sogar, wie mir „Bier“ je hat entfallen können. Solche Gedanken vergesse ich schnell wieder.
Ich glaube ja, dass das Gehirn nur eine bestimmte Kapazität hat, und die meines Gehirns hab ich als Kind vollgehauen. Mit Seitenzahlen. Ich las als Kind viel. Die Technik des Eselsohrs kannte ich nicht, oder sie kam als Leihbüchereinutzer nicht in Frage. Jedenfalls merkte ich mir die Seitenzahl, bis zu der ich am Abend gekommen war, also etwa 87, oder 154, oder später bei dickeren Büchern auch schon die 571. Ich brauchte eine gewisse Zeit um ebenfalls Techniken zu entwickeln, um das Merken zu erleichtern. Dann las ich bis Seite 111. Oder 222. Oder 234. Besonders gerne auch bis zur 100, zur 200 oder 333. Ich denke auch gern an die 452 zurück (Karl May, durch das Wilde Kurdistan). Oder die 693 (Zauberberg, der war bitter, war der). Da ich ja mehrere Bücher las (hatte ich es erwähnt? Ich bin manchmal etwas vergesslich) musste ich mir die Zahlen teilweise mehrfach merken. Also die 100 bei den „Drei drei Fragezeichen“ oder „Drei ???“ oder „Drei Fragezeichen“? Oder die 200 hab ich besodners oft erreicht. Ich erinnere mich an „Das Boot“, „Herrn der Ringe“ und den ein oder anderen Sherlock Holmes.
Das geht schon auf die Leistung, auf die Dauer. Komischerweise habe ich mir die 7, 9, die 13 oder die 5 nur ganz selten gemerkt. Ganz selten.
Angebllich vergisst man ja nix, sondern vergräbt es in seinem Gehirn nur. Ich frage mich, in welchem Gehirnareal nun diese Seitenzahlen liegen, am Ende noch verbunden mit den Büchern: „ Durch das Wilde Kurdistan 87, 164, 389 (es war Samstag, da war Zeit zum lesen). Da würde die staunen mit ihrem Kernspin, ein Areal voller Zahlen.
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