Wenn Jogger aussehen, als stürben sie …

Neulich las ich, dass Jogger oft aussehen, als stürben sie gerade. Das traf mich, weil ich jogge, und nicht so aussehen möchte, als sterbe ich in diesem Moment – ausgerechten beim Laufen, wie tragisch. Was macht das für einen Eindruck auf die vielen Spaziergänger, Gassigeher und anderen Jogger? Denken die: „Oh, der stirbt gerade,

da rufe ich schnell mal den Notarzt!“?
Das wäre mir unangenehm.
Ich möchte ja eher, dass ich aussehe, wie die Jogger in der Werbung, die vor Gesundheit strotzen, die mit jedem federnden Schritt zeigen, dass sie alles, aber wirklich alles im Griff haben und dazu noch gewandet sind in Lyrcabunte Chemikalien. Lächelnd. Mit malerischen Schwitzflecken an den richtigen Stellen.

So möchte ich aussehen. Unbedingt.

Ich frage meinen Teamleader, ob er denkt, ich sehe beim Laufen aus, als würde ich sterben. Er sagt nein, ich sehe klasse aus. Er aber habe gerade neue Laufschuh gekauft. Das geht ja heute nicht ohne ein ausführliche Beratung, und das bedeutet auf so ein Laufband steigen und sich von hinten filmen lassen. Von hinten ist wohl wichtig, damit niemand erschrickt, weil er beim Laufen möglicherweise aussieht, als würde er gerade sterben. Das würde den Sportler und den Berater wohl so schocken, das der eine nicht mehr läuft, und also zu allererst keine Sportschuhe kauft und das wäre für den zweiten doof.

Teamleader also hat sich neue Schuhe kaufen wollen, und lies sich von hinten filmen, fand aber dabei, er watschele wie eine Ente, und fragte daher, ob das stimme: Ich verneinte, das mal auf alle Fälle, nicht das er vor Schreck, dass es doch so sein könnte, stirbt.

Allerdings kann ich das gar nicht wirklich beurteilen.

Wir laufen nämlich um Montags morgens um 5.25 Uhr. Da sehe ich nicht nur so aus, als sterbe ich gerade, da fühle ich mich auch so. Genauso. Und ich bin mit Überleben beschäftigt, da ist kein Sauerstoff im Hirn, den ich mit der Frage veroxidieren könnte, ob der Laufstil von jemanden dem der Werbung entspricht, oder ein …. ähh … individueller ist.

Teamleader holt mich um 5.25 Uhr (in Worten: fünfuhrfünfundzwanzig) ab, und wir traben los. Ein oder zwei Kilometer zu weiteren Teammitgliedern. Die sind ebenfalls Helden, auch wenn sie erst um 5.45 bereit sein müssen, aber die 20 Minuten machen nicht viel aus, auch wenn diese Zeitspanne einem guten Arzt sicher zum Wiederbeleben reicht. Diese Teammitglieder verfügen über die seltene und mir völlige fremde Fähigkeit, um diese Uhrzeit bereits halbwegs sinnvoll sprechen zu können. Wie das gehen kann, kann ich mir kaum vorstellen, montags morgens, im Frühnebel, dem romantischen.

Ich antworte dann auch kaum, weil ich mit dem schieren Überleben beschäftigt bin. Schritt vor, links, rechts, links, rechts. Gleichzeitig muss man atmen (stelle man sich mal vor, gleichzeitig!), und wie man atmen muss, eeeeiiiiiinnnnnnn- aus!- eeeeeeiiiiiinnnnnn- aus!
Das sind echteste Herausforderungen, von denen in dem schicken Laufblogs, die von Fotos von glücklichen Läufern nur so strotzen, nicht die Rede ist.

Es erinnern auch nur wenige daran, dass der Held von Marathon, also der damals, der echte, der erste Held, nach seinem Aluf und dem Überbringen der Botschaft “ …hhmmppfff…. wir …..stöhnächz…… aakk…. wir  ….. haben … ächz stöhn ächz…. gewonne…“ schlicht und auf der Stelle gestorben ist. Da kann es natürlich sein, dass die Menschen den Eindruck haben, Jogger sehen sterbend aus, weil sie genau das auch tun. Kommt ja immer wieder vor, dass Leute 60 Jahre nicht wussten, dass sie ein schwaches Herz haben, und dann – zack – mitten im üblichen Mittwochslauf bei Kilometer 17 hauts einem die Sicherung raus, und … Schluß ist!

4 Gedanken zu „Wenn Jogger aussehen, als stürben sie …

  1. Pingback: Wie Kai Pflaume mir das Laufen vermieste | Ein Leben – mit Tarzans Tochter

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