Endlich erwachsen

Endlich erwachsen. Als Kind ist man ja immer von verwirrenden und schwer einzuordnenden Informationen, Ereignissen und Aussagen umgeben. Da meint Kind gerne, wenn man erwachsen ist, hat man den Durchblick. Als ich ungefähr … 12 Jahre alt war schaute ich auf die großen Brüder meiner Freunde, und dachte: ‚ DIE wissen, wie es läuft im Leben.‘

Als ich dann so alt war wie die großen Brüder meiner Freunde, waren es zwar noch die Brüder, die anderen aber nicht mehr meine Freunde. Und ich hatte ein neues Alter, das ich für das wissenende Alter hielt. Als ich das erreichte war die Grenzen der vermeintlichen Erkenntnis wieder nach oben gerutscht. So geht es mir bis heute.

Ein Beweis für diese These ist etwa die Quengelware für Erwachsene in Buchläden: Da liegt an den Kassen Bücher, die man normalerweise nie kaufen würde. Aber weil sie da so schön liegen, und so bunt sind, und so lustige Titel haben, legt man es eben auf seinen Buchstapel mit drauf. Genau wie die Kinder plötzlich Dinge haben wollen, nur weil sie sie sehen. Zum Beispiel die „Die Rosa-Blau-Falle“. Es geht um Geschlechter-Klischees die man in der Erziehung gerne übernimmt. Mann ist ja froh um jede Hilfestellung, die man im Leben bekommt.

Das Buch liegt nun neben meinem Bett. Die ersten zehn Seiten sind gelesen. Den Rest der Aufklärung übernimmt Tarzanstochter. Sie ist kein typisches Mädchen. Sie mag kein Rosa, keine Barbie, keine Pferde, keine langen Haare. Sie mag Fußball, die Simpsons, Computerspiele und … Puppenspielen.

Das wird allmählich zum Problem: Denn nimmt sie ihre Puppen mit auf die Straße, so erklärte sie mir kürzlich, könnten Vorübergehende denken, sie sei ein Junge, der MIT PUPPEN SPIELT. Das wäre natürlich peinlich, ist also zu vermeiden. Vielleicht sollte ich ihr das Buch mal vorlesen. Oder sie an das erste Fußballturnier erinnern.

Wir saßen in der Spielpause auf der Tribüne. Vor uns Kinder aus einer anderen Mannchaft. Einer der Jungs guckte nach hinten, sah Tarzanstochter, drehte sich zu seinem Kumpel und sagt: „ Du. Ich glaub, das ist ein Meeeedchen.“ Der andere drehte sich um , guckte, und urteilte

„ Ne!“

Der erste bleib bei seiner Meinung, und sprach Tarzanstochter direkt an:

„Bist du nen Meeedchen?“

Tarzanstochter musterte stoisch die Hallenuhr. Bis heute ergänze ich meistens die Turniersprecher und den Trainer, wenn sie die Mannschaft loben und sagen „Gut gespielt, Jungs!“ um ein „…und Mädchen.“

Im größten Technik-Museum der Welt wollte ich mir Anregung am Infostand holen, wo man denn noch so hingehen könnte … außer in die Kinderwelt. Die Dame am Infoschalter schaute auf mich, auf Tarzanstochter und empfahl uns Glasblasen und Textilwirtschaft. Ich entdeckte die Raumfahrtabteilung auf dem vorgelegten Plan, dankte und wir gingen dorthin. Auf dem Weg kreuzten wir noch die technischen Baukästen, die Tarzanstochter sehr faszinierten. Daher tauschten wir das Laufrad gegen den ersten Fischertechnik-Baukasten, der nun wiederum unter dem Bett rottet.

Mich stellt das ja auch oft vor Rätsel, dieses Geschlechterdings. Gerade habe ich mich daran gewöhnt dazu zu stehen, dass ich nix vom Fußball und Autos versteh (bzw es mich einfach nicht interessiert) und gerne einen Schnaps für einen Likör stehen lasse. Das bringt das Rollenverständnis der anderen durcheinander – kennen se nich, Männer, die Likör trinken….

Oft denke ich, wenn ich erstmal 55 Jahre alt bin, DANN weiß ich wie es läuft. So sind wir alle auf der Suche nach der Rolle des Lebens, die offenbar bis ins hohe Alter anhält.

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